Blumenkindjen:

Wenn aus Farben ein Kunstwerk entsteht

Auf der Straße erkannt werden, weil man als Influencer auf Instagram aktiv ist: Wovon viele junge Menschen träumen, wirkte auf Jennifer Kluge „irgendwie gruselig“. Sechs Jahre ist es her, da ging die Koblenzerin mit dem Namen „blumenkindjen“ bei Insta online – und nach den ersten Begegnungen mit fremden Menschen, die sie mit ihrem Namen ansprachen, auch schnell wieder offline. Weil sie aber ihre Vision und ihren Traum nie aus den Augen verlor, ist das „blumenkindjen“ heute wieder aktiv – und hat mit der „Nacht der Farben“ ein spannendes Kunstprojekt ins Leben gerufen.

„Koblenz, das ist für mich Heimat. Eine Mischung aus allem, was man braucht. Und trotzdem immer noch klein und gemütlich und mit Charme.“ Jennifer Kluge hat schon immer am Zusammenfluss von Rhein und Mosel gelebt, wächst in der südlichen Vorstadt auf. Und sie war schon immer kreativ. „Das habe ich quasi in die Wiege gelegt bekommen“, sagt die 29-Jährige. Ihre Mutter und ihre Patentante sind Künstlerinnen, die Mutter zudem Grundschullehrerin. „Sie hat mich immer gefördert. Malen, Klavier spielen – ich durfte Vieles ausprobieren, völlig ohne Zwang.“ Im heimischen Atelier schaute die kleine Jen ihrer Mutter über die Schulter und probierte viel aus. „Bei uns wurden Geschenke nicht gekauft, es wurde etwas gebastelt oder gemalt.“

„Ich verschenke lieber als beschenkt zu werden. Meine Freunde machen sich daraus schon immer einen Spaß und sagen, dass es unheimlich schwer ist, mir etwas zu schenken. Mir macht es unheimlich viel Spaß, selbst kreativ zu sein und etwas mit Seele zu basteln oder etwas ganz Persönliches zu kreieren.“

Der Weg hin zu einem Kunststudium war quasi geebnet, doch dann wurde der Lehrstuhl an der Uni in Koblenz aufgelöst. Mit Kunst Geld zu verdienen war keine wirkliche Option, auch Lehrerin wollte Jennifer Kluge nicht werden. Also orientierte sie sich am Berufsbild des Vaters, einem erfolgreichen Manager, und entschied sich für ein BWL-Studium in Koblenz. „Ich wollte die Heimat nicht verlassen. Und ich dachte mir, dass man mit einem Wirtschaftsstudium immer einen Job findet.“ Kaufmännisches Denken mit Kreativität verbinden – das war der Plan. Und der ging auf: Nach Bachelor und Master ging es vor zweieinhalb Jahren als Social Media Director in die Koblenzer Agentur 247GRAD, wo sie zuvor schon drei Jahre als Werkstudentin mitgearbeitet hatte. Doch die Kunst ließ die Koblenzerin nicht los. Und die eigentlich ja doch ganz interessante Plattform Instagram auch nicht. Beim Auslandssemester in Bali wird das „blumenkindjen“ wieder richtig aktiv. Aus der Ferne die Freunde in der Heimat mit Bildern aus einem faszinierenden Land auf dem Laufenden halten – diese Option klang zu verlockend. „Ich wurde rückfällig“, sagt sie heute mit einem Schmunzeln. Der Name ist eine Spielerei aus dem Wort Blumenkind, weil sie Blumen so liebt, und der Kurzform ihres Vornamens, weil sie den cooler fand als Jenny. Heute kann sie sich sogar darüber freuen, dass Menschen sie in der Stadt auf ihren Instagram-Account ansprechen.

Den nutzt die Koblenzerin seit 2018 auch für ihre Kunst – die Anfangsstunde der „Nacht der Farben“. „Nach dem Master begann ich Vollzeit in der Agentur zu arbeiten. Plötzlich war da diese Leere an den Wochenenden, an denen ich zuvor nebenbei gejobbt oder gelernt hatte. Ich habe dann begonnen mit Alcohol Inks zu malen.“ Bei dieser Form der Malerei kommen halbtransparente Farben auf Alkohol-Basis zum Einsatz, die sich für abstrakte Malerei eignen – und die auch für Laien recht schnell zu erlernen ist. „Ich habe viel ausprobiert und gemalt, verschenkt und bei Insta gepostet. Das Feedback war toll. Also habe ich gedacht: Mach doch mal einen Workshop und lade andere dazu ein.“

Die Premiere im Technologie Zentrum Koblenz (TZK) war ein voller Erfolg. Im gleichen Gebäude, in dem Jennifer Kluge auch tagtäglich ihrer Arbeit nachgeht, richtet sie die Cafeteria gemütlich ein, dekoriert fleißig, stellt ein paar Kerzen auf, besorgt Kekse und leckeren Tee und ein Gästebuch. „Ich hatte nach dem Abend so viele schöne Einträge und so viele tolle Rückmeldungen, dass ich mir gedacht habe: Dieses Format musst du weiterführen.“ Jennifer Kluge schießt ein paar professionelle Fotos und geht wenig später mit ihrer Homepage blumenkindjen.com online. Seither ist die „Nacht der Farben“ meist schon weit im Voraus ausgebucht. Menschen aus der Region, aber auch aus Aachen, Köln, Bonn oder Bad Kreuznach waren schon da, um mit der Koblenzerin zu malen.

„Für mich ist das ein echtes Herzensprojekt. Und das merken auch die Teilnehmer. Ich hätte nie gedacht, dass die Resonanz einmal so groß ist. Wichtig aber ist: Mit maximal 15 Teilnehmern pro Veranstaltung malen wir immer in einer persönlichen Atmosphäre. Anders würde die „Nacht der Farben“ auch nicht funktionieren.“ Ein weiterer Erfolgsfaktor: „Die Technik ist sehr einfach und die Frustrationsschwelle ist sehr gering. Sehr schnell entstehen auch ohne viel Übung tolle und individuelle Kunstwerke. Bevor nicht jeder Teilnehmer happy ist, gehe ich auch nicht nach Hause. Viele schicken mir im Nachgang Bilder und bedanken sich, dass sie durch mich ein neues Hobby gefunden haben. Das macht mich sehr glücklich.“

Ein Hobby ist die „Nacht der Farben“ bei allem Erfolg bis heute auch für Jennifer Kluge geblieben: „Ich bin in meinem Job kreativ verwurzelt und sehr glücklich. Social Media macht mir einfach Spaß. Das Malen und die Nacht der Farben sind auch für mich ein sehr schöner Ausgleich. Ich liebe es, den Menschen das richtige Werkzeug an die Hand zu geben und damit eine Gabe heraus zu kitzeln, die sie vorher vielleicht noch gar nicht gekannt haben.“ Für die eigene Kunst bleibt da derzeit nur noch wenig Zeit. „Ich konzentriere mich auch hier auf einzelne Projekte, die mir Spaß machen.“ Geplant ist unter anderem eine eigene Kollektion im Posterformat. „Aber meine große Leidenschaft bleibt die Nacht der Farben!“