Fotografie ist für mich

Emotion

Wir haben uns zum Interview verabredet. „Ich bin am frühen Abend zurück, 19 Uhr sollte passen“, sagt Julia Walter. Dass es am Ende eine Stunde später wird, hat einen guten Grund. „Ich komme gerade von einer Vorbesprechung für eine Hochzeit.“ Zwei Stunden hatte sie eingeplant, es wurden am Ende drei. Warum? Weil für die Fotografin Hochzeiten nicht einfach nur Aufträge sind, sondern ganz viel Passion und Leidenschaft. Das werden viele Fotografen in der Branche von sich behaupten. Julia Walter kann es belegen – mit ihren Fotos. Im Leben gibt es immer Schlüsselmomente. Mal sind sie schön, mal traurig. Julia wächst in Grenzau auf, lebt 15 Jahre in diesem kleinen Dorf im Brexbachtal. „Als Kind fand ich’s total cool, wir waren viel im Wald spielen.“ Fast immer mit dabei: die Kamera von ihrem Großvater.

Damals noch mit eingelegtem Film und einem Rädchen zum Drehen. „Wir haben sehr viel fotografiert.“ Mit den Großeltern, ihrer Mutter und den Geschwistern im Auto geht es durch die Region. „Damals gab es die ADAC Suchfahrten. Es gab Fotos, deren Motive man dann in den Orten suchte, um davon dann auch selbst ein Foto zu machen. Das hat unheimlich viel Spaß gemacht und wir habe jede Menge Dörfer in der Region gesehen.“ Aber es gab auch Momente, in denen Tränen flossen: „Wir waren mal im Disneyland in Paris, da war ich noch ein Kind. Ich hatte die Kamera dabei und war total begeistert von den vielen tollen Motiven.“ Voller Vorfreude wartet sie nach der Rückkehr nach Hause auf die Bilder. Doch beim Entwickeln stellt sich heraus: der komplette Film ist weiß. „Ich habe geheult und war unendlich traurig.“

Die Fotografie aber sollte sie weiter begleiten. Julia Walter macht eine Ausbildung zur Erzieherin, verbringt zudem das Jahr 2008 als Au-Pair in den USA. „Dort habe ich das erste Mal mit einer Spiegelreflex-Kamera fotografiert und war begeistert.“ Zurück in Deutschland gibt es die erste eigene Kamera. „Die hatte ich fortan immer in der Handtasche dabei.“ Wann immer es sich anbietet, drückt die Westerwälderin auf den Auslöser. „Meine Freunde waren zum Teil schon genervt und haben gesagt: Jetzt hör doch mal auf mit dem Fotografieren“, schmunzelt sie heute. Doch die Kamera in der Tasche und die unzähligen Bilder schulen ihr Auge. Sie bekommt einen Blick für Motive, für Stimmungen, für Emotionen. Wichtig für all das, was noch kommen sollte. Es dauert nicht lange, bis sie ein erstes Mal ihre beste Freundin fotografiert, später auch weitere Freunde und Familienmitglieder. Sie hospitiert bei anderen Fotografen und begleitet diese auch Hochzeiten. Immer intensiver beschäftigt sich die noch immer mit viel Leidenschaft als Erzieherin arbeitende Julia Walter mit dem Thema Fotografie – und mit ihrem ganz eigenen Stil. „Ich habe mir die Frage gestellt, was mich aus- macht. Wofür möchte ich stehen? Was ist mir wichtig?“ Im Jahr 2014 meldet sie ihr Gewerbe an, reduziert Schritt für Schritt ihre Stundenzahl als Erzieherin. Vor zwei Jahren folgt der Schritt in die komplette Selbstständigkeit.

Menschen reagieren eben ganz unterschiedlich, Emotionen folgen nie einem festgelegten Pfad. „Jeder zeigt es auf eine andere Art und Weise. Nicht jeder weint, nicht jeder lacht. Für mich ist es wichtig, dass die Chemie stimmt und man sich im Vorfeld kennenlernt. Dabei kann es dann auch mal passieren, dass man drei Stunden für ein Vorgespräch zusammensitzt und auch über ganz andere Dinge redet als die eigentliche Hochzeit.“ An ihre erste eigene, also als Hochzeitsfotografin, kann sie sich noch sehr gut erinnern: „Ich hatte fünf Wechseloutfits mit dabei, dazu unzählige Akkus und Speicherkarten. Natürlich ist es auch eine große Verantwortung, am Tag der Hochzeit der Mensch zu sein, der die besonderen Momente im Foto festhält. Es ist erfüllend, wenn ich die Bilder meinen Brautpaaren übergebe und sie Tränen in den Augen haben oder anrufen und unglaublich dankbar sind.“

„Nicht selten ist man am Tag der Hochzeit wie eine gute Freundin. Ganz nah dran am Brautpaar und eine wichtige Stütze und Berater. Und genau diese Verbindung ist es, die wichtig ist. Denn jedes Paar und jede Hochzeit ist anders.“ Für das „perfekte“ Hochzeitsfoto ist daher auch nicht alleine das Setting oder das Licht der wichtigste Faktor. „Ich muss als Fotograf damit umgehen können, wenn die Lichtsituation nicht perfekt ist oder das Brautpaar von der Sonne geblendet wird. Es kommt vielmehr auf den Moment an, den man erkennen muss. Jeder Fotograf hat da seinen ganz eigenen Stil.“

Am Ende unseres Gespräches ist klar: Julia Walter ist keine, die einfach die Termine annimmt, zu den Hochzeiten fährt und die Bilder auf einen Server hochlädt – dann wäre sie nicht sie selbst. Nicht selten wird sie von anderen Hochzeitsgästen gefragt, wie lange sie denn Braut und Bräutigam schon kennen würde, weil alles so vertraut wirkt. Es kann kein schöneres Lob geben.

Weitere Infos: www.julia-walter-fotografie.de